Empfehlung: „Remember Bertram Schilling“ – Ausstellungseröffnung 12.12.25, Sonthofen

Anfang der 2000er Jahre, während ich an meiner Dissertation schrieb, durfte ich mich Teil eines Kollektivs nennen, das eine Galerie in München-Pasing führte. In einer ehemaligen Kuvertfabrik zogen nicht nur Künstlerinnen und Künstler ein, sondern auch wir. Wir, das war ein Wesen, das Galerie Royal hieß. Ein bedeutender Name, ein königlicher Name, dessen Antiklimax und ironische Struktur an der inneren und äußeren Räumlichkeit der Galerie unschwer vernehmbar war. Die Zwischennutzung in der heruntergekommenen Fabrik, deren Gebäude in der Landsbergerstraße längst einer ubiquitären Wohnbauarchitektur weichen hat müssen, hatte den Rahmen der Galerie für junge Künstler*innen in München gegeben. Meine Erinnerungsfähigkeit reicht nicht aus, um zu rekonstruieren, wie Bertram Schilling damals mit mir Kontakt aufgenommen hat. Dort in Pasing lag aber der Ursprung unserer Berührungspunkte bezüglich seiner Kunst, die sich im Großen und Ganzen auf das Jahr 2005 reduzieren lassen. Doch der Respekt und die Hochachtung vor seinem Schaffen und seiner angenehmen Art, die Welt zu betrachten, blieb immer und bleibt. Die wenigen Begegnungen mit ihm waren nachhaltig beeindruckend. Ein Mensch, ein Künstler, der seine Erfahrungen vom Allgäu bis nach Australien mit jedem Pinselstrich sichtbar machen konnte. Es war sein Blick auf die Welt, der bleibt, der besticht. Wahrscheinlich habe ich ihm während einer Veranstaltung in der Galerie Royal meine Kontaktdaten gegeben. Wo auch immer die verschlungenen Wege uns zusammengeführt haben, er fragte mich, ob ich zu einer Vernissage seiner Ausstellung in Neu-Ulm sprechen könnte. Gerne tat ich es. Nach dem Vortrag in Neu-Ulm bat mich Bertram, ob ich für einen Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle Kempten einen Beitrag verfassen könnte. Bertram hatte für den Katalog nicht nur ein ungewöhnliches Hochformat gewählt, er hat ihm auch einen wunderschönen widersprüchlichen Titel gegeben: Zentrale Provinzen. Meine Antwort lautete darauf ebenso gegenläufig: „Die gegenständliche Abstraktion der abstrakten Gegenstände“. Seine Bilder, sein Spiel, wie der Titel des Textes bereits andeutet, mit Abstraktion und Gegenständlichkeit, waren für mich bedeutende Wesenszüge seiner Kunst. Bertram war ein Mensch, der genau wusste, was seine Kunst ausmacht, was Gestaltung bedeutet, er war Gestaltung, er war die Kunst. Es schien mir, als gäbe es keine Grenze, keinen Unterschied zwischen ihm als Künstler und seiner Kunst. Beide waren Bertram Schilling. Einen solchen Eindruck konnte ich nicht von vielen Menschen gewinnen. Viele tauschen kurz Identität mit ihren Werken aus, während sie entstehen. Wenn die Werke fertig sind, dann sind sie in der Welt und führen ihr Eigenleben, fern der Autoren. Bei Bertram empfand ich nie, dass er seine Werke verlassen habe, er war ihnen, so schien es mir, so stets nah wie immer auch fern und immer bei ihm. Sie waren eine Einheit. Deswegen scheint es mir nicht vorstellbar, dass nun seine Werke ohne ihn sind. „Remember Bertram Schilling“ – zufällig las ich den Titel dieser Ausstellung. Ich wäre niemals darauf gekommen, dass er gegangen ist, dass er je hätte gehen können. Nun bleiben seine Bilder und die vielen anderen Werksgruppen, die er hinterlassen hat und doch wohl nie verlässt. 


StadtHausGalerie Sonthofen 
Marktstr. 12 87527 Sonthofen 
Tel. 08321/8001428 
www.stadthausgalerie.de
Öffnungszeiten: Mi–So, 14:00–17:00 Uhr

Das Beitragsbild verweist auf das Cover von Bertram Schillings Katalog: Zentrale Provinzen.

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