Gärten üben eine eigentümliche Anziehung aus. Sie sind purer Luxus und gleichzeitig Essenz, sind Oberfläche und Nukleus zugleich. Für mich haben sie eine besondere Bedeutung, die ich auf mehreren Ebenen zum Ausdruck bringen durfte. Der Gartenbaugeschichte und -theorie widmete ich mich in meinem Buch „Nackt„, darin und in den folgenden Büchern „Blendend“ und „Entsprechend“ entwickelte ich aus der Praxis der Gartengestaltung eine universale Gestaltungstheorie. 2017 folgte ein weiterer, noch allgemeiner gefasster Theorie-Band dazu: „Der Umgang mit Gewordenem“ . Momentan entsteht wieder ein naturnaher Garten in extremer und trocken-magerer Hanglage, der ein klimaresilienter Garten werden soll. Noch ist er vor allem Ruderalfläche und sehr weit von einem Schwammgarten entfernt. Er benötigt deswegen viel zu viel Wasser, das von außen zugeführt werden muss. Die Tiefwurzler und Pioniergewächse gedeihen aber schon. Die Artenvielfalt beeindruckt, aber das ist auch kein großes Wunder in einer Region, die noch über einen bescheidenen Reichtum an Arten verfügt. Um Habitate für Insekten und Reptilien geht es mir genauso wie um eine Vielfalt von Wildpflanzen. Aber auch gegenüber Neophyten, die in der badischen Weinbauregion schon etabliert sind, bin ich keineswegs unaufgeschlossen, auch sie gehören zum historischen Wandel, zum Klimawandel. Das Baumaterial für Terrassierungen stammt entweder aus dem Garten selbst oder bestehen aus Recycling-Ware. Zement wird vermieden. Das Wassermanagement verharrt in grundlegenden Strukturen und bedarf langfristigen Speicherlösungen.
Im Rückblick erscheinen mir die Jahre seit 2003 / 2004 als eine erstaunliche Erfahrung: Vom Gartenbau zur Theorie, danach von der Theorie und der Geschichte zurück zum Gartenbau. Stets stellen sich Fragen nach Authentizität, nach Imagination und Notwendigkeit, nach dem Einsatz von Maschinen und allgemein Fragen zur Nachhaltigkeit. Es ist eine Ethik des Gartens, die sich hier zu entwickeln scheint.
Kurzum: Gärten fühle ich mich sehr verbunden. Es freut mich um so mehr seit einigen Jahren im Austausch mit der Bayerischen Landesgartenschau zu stehen. Dieser Institution verdanke ich eine nicht unwesentliche Vorprägung.
Kürzlich ist auf der Website der Bayerischen Landesgartenschau folgendes Interview über Bildung und Verantwortung gegenüber der Natur erschienen:
Fünf Fragen an Prof. Dr. Stefan Lindl