Ringvorlesung: „Welche Natur wollen wir?“

Ringvorlesung des Wissenschaftszentrums Umwelt und des Lehrstuhls für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte im Sommersemester 2013 an der Universität Augsburg:

Welche Natur wollen wir?

Mittwochs, 18.15 Uhr Hörsaal 1004, Physik Hörsaalzentrum, Universitätsstraße 1,

Genaue Informationen im Programm:

Über die Ringvorlesung:

Natur, als das Nicht-Kultivierte, das Unberührte und Wilde verstanden, fehlt in Mitteleuropa. Selbst die ausgewiesenen „Wildnisbereiche“, wie der Nationalpark Bayerischer Wald, sind kulturell bedingte Konstrukte des Natürlichen. Das heutige Bayern besteht seit Jahrhunderten aus verschiedenen Kulturlandschaften, die im 20. Jahrhundert mit Naturreservaten angereichert wurden. Diese Naturreservate existieren heute nicht, weil sie Natur gewesen waren, sondern weil Menschen Natur bewusst wollten.

Natur verwandelte sich bei genauerem Hinsehen längst von dem Zustand des Ursprünglichen in eine kulturelle Praxis: Organische Wachstums- und Verfallsprozesse, die ohne das Zutun der Menschen geschehen, und die Konstruktion von Umweltbedingungen sind die Hauptprinzipien dessen, was heute als Natur bezeichnet wird. Um Organik sich entfalten zu lassen, werden künstliche, laborähnliche Rahmenbedingungen geschaffen: Naturparks, Naturschutzgebiete, Biosphärenreservate werden ausgewiesen. Die brachiale Gewalt der Baumaschinen ermöglicht Flussrenaturierungen. Innerhalb dieser künstlichen Bedingungen wird der Organik schließlich erlaubt, sich zu entwickeln. Naturgestaltung bewegt sich also innerhalb einer mehr oder weniger massiven Konstruktion von Umweltbedingungen und ebenso mehr oder minder ungeregelten, organischen Prozessen. Doch wie kam es zu dieser Kultivierung der Natur? Wer hat sich da jeweils mit „seiner““ Natur durchgesetzt? Was sind uns die Naturen wert, die Heiden, die naturnahen Flüsse? Wie kann man überhaupt begründen, dass bestimmte Landschaften so und nicht anders erhalten bleiben sollen – in einer Welt, in der sich alles wandelt? Ist Klimaschutz und Naturschutz dasselbe oder stehen sie in Konflikt? Wollen wir CO2-freie Wasserkraft oder freifließende Flüsse? Einen freien Blick auf die Alpen oder moderne Windparks? Ist die „dekarbonisierte Gesellschaft“ das allerwichtigste Ziel, dem wir alles andere unterordnen sollten? Oder sind das alles scheinbare Konflikte? Mit Blick auf konkrete Landschaften, auf konkrete Natur in Schwaben, aber auch im Kontakt zu großen, internationalen Streitfragen nähert sich die Vorlesung einem Thema, das in Zeiten der Energiewende noch drängender geworden ist denn je zuvor.

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