Im Kunstverein Aichach im SanDepot Aichach, Donauwörther Straße 36, Aichach wird noch bis zum 27. August 2017 die Ausstellung von Rüdiger Lange „Lechbilder“ gezeigt. Der Ansatz Rüdiger Langes ist sehr empfehlenswert.
Mein Beitrag zu Rüdiger Langes Bildern:
Kein anderer Fluss in Bayern wird ähnlich für die Wasserkraft genutzt wie der Lech. Er ist eigentlich kein Fluss mehr, sondern ein Mischwesen, ein Zentaur aus Fluss und See. Nicht ein See, sondern viele künstliche Seen sind es, alle verschlossen durch teils kolossale Staumauern. Von seiner Ursprünglichkeit hat der Fluss fast alles in Bayern eingebüßt. Er ist nicht mehr wild und ungebändigt. Er breitet sich nicht mehr mit seinen vielen Armen und Nebenarmen und Nebenarmen der Nebenarme in einem weiten Kiesbett aus. Kontrolliert gesteuert und gemäßigt ist sein Abflussverhalten, das dazu dient, Strom zu erzeugen und im Fall der Fälle Hochwasser zu vermeiden. Er ist industrialisiert und strotzend vor Künstlichkeit. Die romantische Natur scheint entlang seiner Ufer kaum auffindbar zu sein und die ursprüngliche Schönheit des Lechs gibt es nicht mehr. Der Lech, der wilde Gebirgsfluss ist verloren. Aber auch die Biotopvielfalt, die Kiesbänke, die Auwälder, die Heiden, und die ehemals so reiche Biodiversität mit einzigartigen Tier- und Pflanzenarten wurden von den Staudämmen zerstört.
Der Maler Rüdiger Lange durchbricht diese melancholische Verlusterfahrung. Er spielt in seinen großformatigen Landschaftsbildern mit der gegenwärtigen Ästhetik des industrialisierten Lechs. In seinen Bilder begreift er ‚Landschaft’ als etwas vom Menschen Gestaltetes, das in all seiner Künstlichkeit eine bestechende Ästhetik aufweist. Sie oszilliert zwischen Naturerscheinung, Naturkonstitution und Technik. Die Gemälde werden vor Ort gemalt, in der Landschaft en plein air. Gefertigt im schnellen Malduktus fangen sie kurze Augenblicke am Lech ein. Teils sind sie wie abstrakte Bilder einer Seenlandschaft, teils entwickeln sie ihre Kraft im Aufeinanderprallen atemberaubender Natur und dominanter betonierter Staumauern.
„Was ist das Schöne?“, scheint Rüdiger Lange zu fragen. Ist es der alte verschwundene Lech? Ist das Schöne am neuen Lech nicht auch zu finden? Es liegt zwischen Natur und Technik. Langes Bilder entstanden entlang des gesamten Lechlaufs. Auch den weitgehend ursprünglichen Lech in Tirol malte er. Dort gibt es die Auwälder, die weiten Kiesbänke, die Flussläufe und -läufchen. Rüdiger Lange baut mit diesen gegensätzlichen Motive weitere Spannung zwischen Natur und Artenvielfalt in Tirol und den Ingenieursleistungen und dem gezähmten Lech in Bayern auf. Alle Aspekte des Verlusts und des Seins spiegeln sich in seinen Bildern wieder: Bewegt, mit Brüchen versehen, abstrahiert und doch gegenständlich, kritisch und manchmal umwerfend schön. Seine Bilder sind so vielfältig, wie es der Lech einmal war.
Reinhard Lange wird von der Galeristin Claudia Weil vertreten. Claudia Weil Galerie, Rinnenthal