Marcus Ertle fragte mich für die „Neue Szene“ (Augsburg) nach „Meinem Buch“. Hier ist es, eine Antwort auf die Frage: Warum lese ich?
Neue Szene, September 2019, S. 41.
Lesensretter: Mein Buch. Oder: Warum ich lese
Stefan Lindl
Lesensretter Papier, viele Seiten, nicht weiß-unbeschrieben, überzogen mit Zeichen, sind Spuren, die zeugen, ein Mensch war gewesen, der sie beschrieb. Papier und die Zeichen leben nicht, sind Bürgen des Lebens, versichern, ein Mensch hat gefühlt und gedacht. Glück, Trauer, Spott und Liebe, auch Ängste flossen darauf, fest für die Zeiten: Zauber des Lebens auf Papier gebracht. Und doch ist es tot. Solange leblos, bis das Wunder des Lazarus, performative Magie, die Zeichen erweckt durch den Zauber des Lesens und Interpretierens. Worte zu Bildern, tausende tote Worte voll des prallen Lebens durch den abendlichen Griff zu einem Buch.
Mein Buch:
Alain-René Lesage: Die Geschichte des Gil Blas von Santillana, Frankfurt am Main 1997.
Beitragsbild: Ausschnitt aus S. 41, Neue Szene, September 2019, S. 41.