„Der verlassene Tempel“ Stadtentwicklung Predigerberg, St. Magdalena in Augsburg

Die Altaugsburggesellschaft lud am Samstag, den 17. September 2022, ein, über die Entwicklung der ehemaligen Klosterkirche St. Magdalena und das Gelände am Predigerberg in der Altstadt Augsburgs zu sprechen. Seit dem Mittelalter befand sich dort das Dominikanerkloster, eines der frühesten Gründungen des Ordens im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Seit der Augsburger Bombennacht im Februar 1944 waren die Konventsgebäude stark beschädigt. Die ehemalige Klosterkirche selbst blieb so gut wie unversehrt. Ein über 500 Jahre alter Dachstuhl reckt sich 20 Meter bis zum First ohne Brandschäden in die Höhe. Der ungewöhnliche, aber für Dominikaner typisch zweischiffige Hallenkirchbau weist seit Jahren einige Schäden auf, die allerdings nicht gravierend sind, auch wenn sie keinen Aufschub der Reparaturarbeiten zulassen, wie Jutta Pieper dringlich bemerkte. Seit Beginn der 1960er beherbergte die ehemalige Klosterkirche das Römische Museum, auf dem ehemaligen Klostergelände befindet sich seit dieser Zeit die Berufsschule III.

Um die Nutzung der Hallenkirche drehte sich vornehmlich die Veranstaltung, eine Podiumsdiskussion im Rokokosaal des Schaezlerpalais. Die Arno Buchegger Stiftung ermöglichte sie mit fünf Experten:innen aus der gesamten Bundesrepublik und ca. 120 Gästen, aus Politik, kommunaler Verwaltung, der Diözese Augsburg, dem Landesamt für Denkmalpflege in München und vielen Augsburger Bürger:innen, denen allen das Areal, aber auch die Nutzung durch ein neues Römisches Museum wichtige Angelegenheit und großer Wunsch war. Über zwei Stunden diskutierten M. Sc. Jonas Faber, Dr. Christof Flügel, Dipl. Ing. Michael Habres, PD. Dr. Stefan Lindl, Dipl. Ing. Jutta Pieper über die Entwicklungs- und Nutzungsmöglichkeiten. Moderiert wurde die Veranstaltung von Sebastian Berz, Architekt, Stadtplaner und Vorsitzender der Altaugsburggesellschaft. Jürgen Enninger, Augsburger Kulturreferent, begrüßte die Anwesend und arbeitete die Bedeutung der ehemaligen Klosterkirche als Grablege Augsburger Patrizier heraus, deren Gräber während der Grabung im Innenraum der Kirche aufgedeckt worden waren. Auch zu dem Standort des Römischen Museums machte er Angaben, indem er auf die Stadtratsbeschlüsse hinwies, die alle das Areal am Predigerberg dafür vorgesehen hatten. Eine Machbarkeitsstudie sei für das nächste Jahr geplant.

Dass der ehemalige Kirchraum sich nicht für ein Museum eignet war allgemeiner Konsens. Von Seiten der Stadt war er als Third Space angedacht, als ein Mehrzweckraum, der Ausstellungen und weitere Nutzungen einschließt. Die Zweischiffigkeit der Hallenkirche schränkt allerdings die Nutzung enorm ein. Eine Funktion als Begegnungsraum, als Raum des Wissensaustauschs, aber auch der Dokumentation der Geschichte des Exponats „Klosterkirche St. Magdalena“ wurden angesprochen. Jutta Pieper, eine Aachener Expertin für die Neunutzung von Kirchenräumen, legte den Weg offen: Die historische Analyse des Bestands – auch ihrer Funktionen – führten in einem weiteren Transferschritt zu zukünftigen Nutzung. Ihre Analyse des Areals unterstrich vor allem die momentan gekappten Verbindungen des Bestands untereinander, aber auch der Unter- und Oberstadt Augsburgs. Auch Jonas Faber aus Berlin, Spezialist für Holzbau und Neunutzung von Kirchen, unterstrich den mangelnden Zusammenhang. Er plädierte für einen Begegnungsraum, der für alle offen sein müsste, ein offenes helles Haus. Dr. Christof Flügel, vom Landesamt für Denkmalpflege, hatte bereits aus dem Blick der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen ein zeitgemäßes Konzept für das Römische Museum entwickelt. Bildhaft belebte er es und konnte allen Besuher:innen und Expert:innen einen guten Einblick geben, wie ein solches Museum auf dem Gelände aussehen könnte. Das Museum hätte dann einzigartige Exponate von Weltrang zu bieten, die Augsburg endlich nicht nur in der Fachwelt zu einem Zentrum römischer Kultur machte, das auch in den nächsten Jahrzehnten durch immer neue zu erwartende Funde seinen Bestand erweitern wird.

Ein belebter und belebender Raum an der Dominikanergasse, an dem auch die Besucherströme zu Augsburgs Weltkulturerbe vorüberziehen, würde entstehen. Selbstverständlich ist die Nutzung der ehemaligen Kirche nicht unabhängig von der Nutzung des Areals am Predigerberg zu sehen. Sie wird einige Bedingungen aufwerfen. Eine Entscheidung über den Verbleib oder den Wegzug der Berufsschule III muss politische demnächst erfolgen (Sebastian Berz). Erst dann ließen sich konkrete Pläne entwickeln. Michael Habres, ebenfalls vom Landesamt für Denkmalpflege in München, und Experte für den Bayerisch-Schwäbischen Raum, stellte immer wieder den Kontext zu anderen Städten her und ging vor allem auch auf die kulturelle Nutzung der ehemaligen Klosterkirche St. Magdalena ein. Als Konzertraum könnte die Hallenkirche nicht bestehen.

Von Stefan Lindls Seite kam der Vorschlag das Areals unter den Prämissen einer postfossilen Kultur zu nutzen. Denkmalschutz, historische Argumentation, Bestand an Bauwerken, Bäumen und Sträuchern sowie Klimaschutz und Klimaresilienz müssten zusammengebracht werden. Der Erhalt und spielerische Umgang mit den Bestandsbauten sowie deren Einbindung in notwendige Neuplanung ist die Herausforderung an Architekturbüros, die damit beschäftigt sein werden.

Die Absicht der Altaugsburggesellschaft, Sympathie zu schaffen für ein zentrales, unberührt vernachlässigtes Gelände mitten in der Innenstadt, ist gelungen. Nun ist die Politik und dann die Verwaltung gefragt, schnelle Entscheidungen zu treffen. Am besten für Klima- und Denkmalschutz. Ein postfossiles Augsburg würde dieser Römerstadt gut tun. Mit wohl überlegten, aber raschen Entscheidungen und einem guten Konzept ließen sich endlich Gelder für eines der spektakulärsten Römischen Museen Europas sammeln.

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